Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung und was Du dagegen tun kannst

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung? MyBusiness Mentor erklärt Dir, welche Vorraussetzungen es dafür gibt, wie Du Dich wehren kannst und wie Du Dich richtig verhältst.

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In Deutschland gehört die betriebsbedingte Kündigung mit fast 75 Prozent zu den häufigsten Kündigungsarten. Das kann Dich selbst dann betreffen, wenn Deine Leistungen stimmen und Du Dich tadellos im Sinne des Unternehmens verhalten hast. Die gesetzlichen Bestimmungen garantieren Dir jedoch einen hohen Schutz. Betriebsrat, Klage, Abfindung, ist die Kündigung überhaupt zulässig – wir zeigen Dir, welche Möglichkeiten Du hast.

Im folgenden Artikel erfährst Du, was überhaupt eine betriebsbedingte Kündigung ist, welche Vorraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und wie Du Dich richtig verhältst.

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Durch eine betriebsbedingte Kündigung beendet der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen „dringender betrieblicher Erfordernisse“. In der Praxis bedeutet das einen Komplett-Verlust des Arbeitsplatzes und der Arbeitnehmer wird nicht weiterbeschäftigt. In den allermeisten Fällen liegen die Gründe beim Unternehmen und nicht beim Arbeitnehmer. Oftmals sind davon ganze Betriebe, Betriebsstellen oder Abteilungen betroffen. Kommt es beispielsweise aufgrund von fehlenden Aufträgen zu Einschnitten, folgt ein Personalabbau und Entlassungen.

Juristisch gesehen gehört die betriebsbedingte Kündigung zu den ordentlichen Kündigungen (ebenso wie verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigung). Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, gesetzlich geregelte Kündigungsfristen einzuhalten und einen zulässigen Kündigungsgrund nachzuweisen. Kann er dies nicht, ist die Kündigung unwirksam.

Die 4 Vorraussetzungen

In kleineren Betrieben ist es leichter möglich, Arbeitnehmern zu kündigen. Liegt die Beschäftigtenzahl jedoch kontinuierlich über zehn Mitarbeitern, gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieses kommt dann zur Anwendung, sobald der Arbeitnehmer mindestens sechs Monate lang angestellt ist. Nach dieser sogenannten „Wartezeit“ darf nicht mehr grundlos gekündigt werden.

Um Wirksamkeit zu erlangen, bedarf es grundsätzlich vier Vorraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung. Kommt nur eine der Bedingungen nicht zustande, ist die Kündigung insgesamt nicht gültig.

Betriebliche Erfordernisse

Betriebsbedingte Kündigungen dürfen nur ausgesprochen werden, wenn es dazu „dringender betrieblicher Erfordernisse“ gibt. Darunter fallen die Schließung ganzer Betriebszweige oder gar die Insolvenz des Unternehmens. Allein kurzfristige Schwankungen in der Auftrags- oder Umsatzentwicklung reichen dafür nicht aus (BAG, Az. 2 AZR 548/10).

Nichtsdestotrotz kann es auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, wenn die Firma erfolgreich ist. Gründe dafür können unternehmerische Entscheidungen sein, die zu einem Wegfall bestimmter Arbeitsplätze führen. Dabei wird zwischen innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Gründen unterschieden.

Innerbetriebliche Gründe:

  • Stilllegung oder Schließung eines Betriebs oder einer Filiale
  • Umstrukturierungen oder Outsourcing
  • Zusammenführung von Abteilungen
  • Effizienzsteigerung durch neue Innovationen
  • Reduktion der Produktion
  • Einschränkung der Arbeitsschichten

Außerbetriebliche Gründe:

  • Rückgang der Auftragslage
  • Gesunkene Umsätze und Gewinne
  • Absatzschwierigkeiten
  • Fehlende Rentabilität
  • Verlust von Fördermitteln

Um eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen, müssen die Gründe gerechtfertigt und beschlossen sein. Eine vorsorgliche Kündigung, beispielsweise bei einem geplanten Unternehmens-Verkauf, darf nicht erfolgen.

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Keine Weiterbeschäftigung möglich

Eine betriebsbedingte Kündigung wird nicht allein durch eine Werksschließung oder eine Standort-Verlagerung gerechtfertigt. Es muss zu einem dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes kommen und der Mitarbeiter darf auch nirgends woanders im Unternehmen weiterbeschäftigt werden. Fällt der aktuelle Arbeitsplatz weg, muss zunächst intern eine andere Stelle gefunden werden, sei es eine Versetzung oder Änderungskündigung. Erst wenn sich keine Lösung findet, darf eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht gezogen werden. Wird nach der Kündigung ein neuer Mitarbeiter für genau diese Stelle eingestellt, so ist die Kündigung unwirksam.

Interessenabwägung

Es gilt für den Arbeitgeber die Interessen sowohl des Unternehmens als auch des Arbeitnehmers abzuwägen. Ist eine Weiterbeschäftigung aus wirtschaftlicher und unternehmerischer Sicht nicht sinnvoll, dann fällt die Entscheidung pro betriebsbedingte Kündigung. Wenn die beiden vorhergenannten Punkte gegeben sind, wird in den meisten Fällen zu Gunsten des Unternehmens entschieden.

Sozialauswahl

Durch die Sozialauswahl wird festgelegt, wer zuerst das Unternehmen verlassen muss. § 1 Abs. 3 KSchG regelt, welche Mitarbeiter sozial schutzbedürftig sind. Folgende Kriterien gilt es zu berücksichtigen:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten (Kinder)
  • Schwerbehinderung

Oftmals wird ein Punktesystem zuhilfe gezogen. Den einzelnen Kriterien werden Punkte zugeordnet und je höher die Punktzahl ausfällt, desto ungünstiger sind die Chancen auf eine Weiterbeschäftigung. Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass eine faire Gleichbehandlung gewährleistet ist (vergleichbare Fähigkeiten, ähnliche Tätigkeitsbereiche, gleiche Hierarchiestufen).

Unter bestimmten Vorraussetzungen sind nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG einzelne Mitarbeiter von diesen Bestimmungen ausgenommen. Das können z.B. herausragende Leistungsträger des Unternehmens sein, deren Weiterbeschäftigung im Sinne des Unternehmens liegt.

Für bestimmte Arbeitnehmer besteht ein Sonderkündigungsrecht:

  • Betriebsratsmitglied: Nach § 15 Absatz 1 KSchG dürfen Mitglieder des Betriebsrates nicht ordentlich gekündigt werden, es sei denn, es handelt sich um eine Betriebsstillegung oder einer fristlosen Kündigung.
  • Schwangere: Schwangeren darf nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) mit Beginn einer Schwangerschaft und bis vier Monate danach nicht gekündigt werden. Das ist unabhängig von der Beschäftigungsdauer und gilt für alle Angestellte, Praktikantinnen, Schülerinnen oder Teilzeitbeschäftigte.
  • Elternzeit: Ebenfalls einen Kündigungsschutz genießen Arbeitnehmer in Elternzeit nach § 18 BEEG. Dieser beginnt mit dem Antrag auf Erziehungsurlaub, spätestens aber acht Wochen vor Beginn der Elternzeit.
  • Schwerbehinderung: Eine Kündigung für schwerbehinderte Mitarbeiter darf nach § 174 SGB IX nur mit Zustimmung des Integrationsamts erfolgen. Weiterhin muss die Schwerbehindertenvertretung mit einbezogen werden. Nicht davon betroffen sind Arbeitsverhältnisse, die weniger als 6 Monate bestehen oder mit einem Aufhebungsvertrag beendet wurden.

Abfindung

Nach § 1a KschG ist die betriebsbedingte Kündigung die einzige Kündigungsfrom, bei der Dir eine Abfindung zusteht. Wie hoch diese ist, kommt auf Dein Verhandlungsgeschick an, da es im Arbeitsrecht keine Vorschriften dazu gibt.

Die Formel dazu lautet:

Brutto-Monatsgehalt x 0,5 x Beschäftigungsjahre

Beispielrechnung:

4.500 Euro (Monatsgehalt brutto) x 0,5 x 7 Jahre (Beschäftigungsdauer) = 15.750 Euro Abfindung

Es steht Dir frei, ein noch besseres Angebot auszuhalndeln. Oftmals hilft schon die Androhung einer Kündigungsschutzklage, damit der Arbeitgeber nachbessert.

Beachte dabei, dass die Abfindung sozialversicherungsfrei ist und nur die Einkommenssteuer darauf abzuführen ist. Liegt die Abfindung über dem gesetzlichen Minimum von 0,5 Bruttogehältern pro Beschäftigungsjahr, wirkt sich das steuerlich negativ aus und Du bekommst letzten Endes weniger heraus.

Reaktion auf eine betriebsbedingte Kündigung

Erhältst Du eine betriebsbedingte Kündigung, dann kusst Du diese nicht akzeptieren und kannst Dich dagegen wehren. Die richtige Reaktion für Arbeitnehmer:

Unterschrift verweigern

Es gibt Arbeitgeber, die den Erhalt der Kündigung schriftlich bestätigt haben wollen. Lass Dich davon nicht unter Druck setzen, denn Du musst nicht unterschreiben. Beachte weiterhin, dass Du mit einer Unterschrift eine formal fehlerhafte und damit unwirksame Kündigung wirksam machst. Nimm die Kündigung zur Kenntnis und bitte um 3 Tage Bedenkzeit. Anschließend prüfst Du das Schreiben und holst Dir juristischen Rat ein.

Bereitschaft signalisieren

Biete Deinem Arbeitgeber (schriftlich) etwas an, sei es eine Fortbildung oder Umschulung. Damit erhöhen sich Deine Chancen auf eine Weiterbeschäftigung oder Versetzung, aber auch die Verhandlungsposition vor Gericht. Sollte der Arbeitgeber dennoch auf die Kündigung bestehen, kann das immernoch zu einer höheren Abfindung führen.

Betriebsrat einschalten

Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat, muss dieser laut § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor jeder Kündigung unterrichtet und angehört werden. In der Folge kann er innerhalb von 3 Tagen seine Bedenken gegen die Kündigung aussprechen. Erfolgt diese Information an den Betriebsrat nicht, ist die Kündigung unwirksam. Vor allem bei der Sozialauswahl kommt es häufig zu Fehlern. Der Betriebsrat ist in der Lage, eine Weiterbeschäftigung auszuhandeln oder eine attraktive Abfindung für Dich zu erreichen.

Kündigungsschutzklage erheben

Sollte sich in der betriebsbedingten Kündigung ein Formfehler befinden oder es bestehen Zweifel an den Kündigungsgründen, kannst Du dagegen beim Arbeitsgericht vorgehen. Die Klage muss innerhalb einer Frist von drei Wochen eingereicht werden. Hol Dir am besten einen Rechtsanwalt an Deine Seite. Nach der 3-Wochen-Frist, ist die Kündigung wirksam, selbst wenn sie es vorher formal nicht war. Zudem bekommst Du vor Gericht Klarheit, ob die Zahlen und Gründe für die Kündigung auch stimmen.

Aufhebungsvertrag annehmen

Alternativ zur betriebsbedingten Kündigung kannst Du einen Aufhebungsvertrag aushandeln. Arbeitgeber nutzen ihn gern, um langwierigen Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen. Zwar gibt es damit einhergehend meist eine höhere Abfindung, doch solltest Du trotzdem gut kalkulieren, was Dir wirklich Vorteile bringt. Mit einer Unterschrift verursachst Du die Arbeitslosigkeit selbst und nimmst damit eine 3-monatige Sperre beim Arbeitslosengeld (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) in Kauf.

Arbeitssuchend melden

Sobald Du die Kündigung in den Händen hast, solltest Du das Arbeitsamt informieren. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sicherst Du Dir damit rechtzeitig den Anspruch auf Arbeitslosengeld und beugst finanziellen Lücken vor.

Fristen

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nicht frei von gesetzlichen Kündigungsfristen. Nach § 622 BGB Abs. 2 verlängern sich diese mit der Dauer der Beschäftigung des Mitarbeiters. Die maximale Kündigungsfrist bei 20 Jahren Betriebszugehörigkeit beträgt sieben Monate:

Beschäftigungsdauer

Kündigungsfrist

0 bis 6 Monate (Probezeit)

7 Monate bis 2 Jahre

2 Jahre

5 Jahre

8 Jahre

10 Jahre

12 Jahre

15 Jahre

20 Jahre

2 Wochen, täglich

4 Wochen, zum 15./Ende des Monats

1 Monat zum Ende des Monats

2 Monat zum Ende des Monats

3 Monat zum Ende des Monats

4 Monat zum Ende des Monats

5 Monat zum Ende des Monats

6 Monat zum Ende des Monats

7 Monat zum Ende des Monats

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